World of Dungeons – Unter dem Blutmond

Draußen vor dem Zelt heulen die Hunde. Das tun sie immer um diese Jahreszeit, da sie den Wandel spüren und die Veränderung herbeisehnen.
Der Mondstein zeigt bereits Wirkung, ihre Körper nehmen die Substanz gut an und ihre Wildheit und ihr Hunger nach warmem Fleisch sind kaum noch zu bändigen.

Bald ist es Zeit.

Shir Kaah ist müde und abgespannt. Die letzen Tage waren anstrengend und entbehrungsreich, aber erfolgreich.

Vorsichtig, fast ehrfürchtig, streift er die weichen Lederhandschuhe, die seine vernarbte Haut schützen, ab und berührt die gesammelten Artefakte. Sie glimmen fast unter seiner Berührung und die dunkle Macht ist körperlich greifbar.

Nun fehlt nur noch ein Kleinod und das Ritual kann beginnen.
Das unheilige Ritual, seit Generationen unter den Veränderten weitergereicht, in der Erwartung des richtigen Zeitpunkts.
Das unreine Ritual, welches die Welt für immer wandeln und zu wahrem Labsal für seine Brüder und Schwestern machen wird ...

Bald ist es Zeit …

Zwei Tage sind vergangen und die Zeit drängt.

Sein unwürdiger Lakai ist gescheitert. Die Wachen waren zu aufmerksam und das Kleinod konnte nicht erlangt werden.
Der Meuchler hat versagt und ist mit leeren Händen zurückgekehrt. Sein Versagen wurde angemessen bestraft – die Hunde nagen immer noch an den Knochen, darum hat Shir Kaah sich selbst gekümmert.

Doch nun muss es weitergehen! Es muss noch eine weitere Möglichkeit geben. Das Ziel ist zu wichtig und ein Versagen unvorstellbar!

Diesmal ist es gelungen!

Die Magie war stark und der Mondstein hat sein übriges getan.

Oh, diese köstliche Substanz! Dieser Quell reinen Glücks, stetigen Wandels und reiner Mutation. Welche Möglichkeit steckt noch in ihr?

Nun sind die Artefakte beisammen und harren auf den richtigen Zeitpunkt für das Ritual.
Der Ritus ist vorbereitet und drei mal drei wimmernde junge Frauen warten auf ihre Bestimmung.
Der Ritualplatz ist geweiht.
Nun sind es nur noch wenige Stunden …

Es ist Nacht. Der Mond steht matt und vernarbt am Himmel und hüllt den Opferplatz in fahle Schatten.
Die Hunde heulen ihr schauriges Konzert.

Drei mal drei Frauen stehen im Zentrum der mit Fett und Tran geweihten Steine.
Ihre Sinne sind vom Rauch der Kräuter geschärft. Der Glanz ihrer Haut bezeugt die Ekstase, mit der sie den großen Moment erwarten - was doch ein wenig Magie zu bewirken vermag ...

Der Chor der Veränderten stimmt seinen Gesang an. Die niederen Lakaien lassen ihre Trommeln durch die Nacht dröhnen.

Nun ist es soweit. Ein elektrisches Kribbeln liegt in der Luft.
Die Zeit ist gekommen. Der Wandel ist nah.

Nun ist es Zeit zu handeln …

Ausriss aus dem Herzburger Kurier:

Werte Mitbürger,

das Phänomen, welches als „roter Mond“ oder „Blutmond“ bekannt geworden ist, konnte in den vergangenen Nächten regelmäßig beobachtet werden.
Der Mond geht Abend für Abend als Vollmond auf und erstrahlt in einem rubinroten Glanz. Die genaue Ursache dieses Naturphänomens konnte bislang noch nicht herausgefunden werden, aber aus zuverlässiger Quelle haben wir erfahren, dass dieses Phänomen vollkommen harmlos und kein Grund zur Besorgnis ist.

Auch die damit in Zusammenhang gebrachten Überfälle von Veränderten, die besondere Aggressivität von Tieren und Monstern und andere merkwürdige Phänomene im Umfeld der Magierakademie konnten nicht bestätigt werden.

Es handelt sich offenbar um Gerüchte.

Gleiches gilt für die wiederholt gemeldeten Fälle von tiefer Bewusstlosigkeit, von denen in letzter Zeit zu hören war.

Wir sollten ruhig und besonnen bleiben. Es ist das beste dem Blutmond – wie er im Volksmund genannt wird – keine besondere Bedeutung beizumessen.

Es gibt keinen Grund zur Sorge!

Hartmut Hohenstein
1. Schreiber des Reichskanzlers